http://www.rp-online.de/niederrheinnord/duisburg/nachrichten/Loveparade-100-Tage-danach_aid_924697.htmlLoveparade – 100 Tage danach
VON CHRISTIAN SCHWERDTFEGER UND JÜRGEN STOCK - zuletzt aktualisiert: 30.10.2010 - 11:54
Duisburg (RP) 100 Tage nach der Duisburger Loveparade-Katastrophe leiden immer noch viele Betroffene unter den Erlebnissen. Mit Spannung wird an diesem Wochenende ein Bericht der Essener Polizei erwartet. In dem Papier soll die Rolle der Einsatzbeamten bei dem Unglück bewertet werden.
In der dunklen Unterführung an der Duisburger Karl-Lehr-Straße brennen immer noch Kerzen. Auf einer Steinplatte sind die Fotos der 21 Todesopfer der Loveparade angebracht. Darüber steht "Duisburg gedenkt der Opfer der Loveparade". 100 Tage ist es an diesem Wochenende her, dass auf der Zugangsrampe zum Festivalgelände eine Massenpanik ausbrach. 21 Menschen starben, mehr als 500 wurden verletzt.
Wer ist verantwortlich für das Unglück? Noch immer ist die Frage ungeklärt. Veranstalter, die Stadt Duisburg und die Polizei schoben sich den Schwarzen Peter gegenseitig zu. Bis morgen will die Polizei Essen einen Abschlussbericht vorlegen. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte die Behörde beauftragt, den Einsatz aus polizeilicher Sicht zu bewerten.
Doch ein Urteil über das Gesamtgeschehen wird erst der Bericht der Kölner Polizei ermöglichen. Mit der Sisyphusarbeit wurde Kriminaldirektor Stephan Becker (49) betraut. Sein 81-köpfiges Ermittlerteam muss sich durch 50 Terabyte elektronischer Daten, tausend Stunden Videoaufzeichnungen und ungezählte Aktenordner wühlen.
Eine Anklageerhebung durch die Duisburger Staatsanwaltschaft, die vier Beamte für den Fall abgestellt hat, ist nicht in Sicht. Trotzdem ist Becker zuversichtlich. "Wir haben schon mehr als tausend Personen vernommen. Die Ermittlungen kommen gut voran", sagt er.
Wolfgang Riotte, ehemaliger Staatssekretär, betreut als Ombudsmann die Hinterbliebenen und Verletzten der Katastrophe. Eine seiner Aufgaben: Er soll die Gelder aus einem Sonderfonds verteilen. Riotte: "Bislang haben sich 30 Hinterbliebene und 75 Verletzte bei uns gemeldet. In 52 Fällen wurden Summen zwischen 1000 und 20 000 Euro überwiesen."
Zehn Anträge würden noch bearbeitet, zehn seien abgelehnt worden. In einigen Fällen seien die Fragebögen wieder zurückgekommen, weil die Adresse anscheinend nicht gestimmt habe. Insgesamt seien mehr als 800 000 Euro ausgezahlt worden.
Viele der Verletzten hätten bleibende Schäden erlitten: "Da gibt es Menschen, die ihr Bein nie wieder gerade strecken können, andere haben eine bleibende Fehlstellung des Armes." Etwa zehn Menschen würden wegen psychischer Probleme immer noch stationär in Kliniken behandelt.